Im Zuge der Planung und Realisierung von Logistikzentren inklusive Intralogistik und IT stellt sich früher oder später die Frage, wie die Waren und zugehörigen Umfänge (Personal, Infrastruktur etc.) aus der bestehenden Standortstruktur umzuziehen sind. Dabei ist man gut beraten, dieses Thema von Anfang an in die Realisierung von Supply-Chain-Engineering-Großprojekten einzuplanen.
Das Management logistischer Umzüge hat folgende Ziele:
Es hat sich bewährt, nach einem strukturierten Vorgehensmodell vorzugehen:
(1) Planung der logistischen Umzüge – früh beginnen!

Erfahrungsgemäß wird die Planung der logistischen Umzüge häufig auf die lange Bank geschoben, da Umzüge erst in einer späten Phase des Gesamtprojektes anstehen. Dieses kann sich später als großes Risiko erweisen, da es sich bei den logistischen Umzügen um komplexe Vorhaben handelt, die an vielen Schnittstellen lange Vorlaufzeiten beinhalten (zum Beispiel Lieferantenbestellungen mit langen Lieferzeiten, Verträge mit langen Laufzeiten, die rechtzeitig zu kündigen sind etc.).
Es ist zu unterscheiden zwischen der reinen Umzugsplanung und der Anlaufsteuerung. Bei der Anlaufsteuerung geht es darum, dass die Schnittstellen zu den Filialen bzw. Kunden sowie zu den Lieferanten genauer geplant und realisiert werden.
Zahlen, Daten, Fakten – Aufbau Planungsbasis

Beim Aufbau der Planungsbasis werden alle relevanten Informationen erhoben, die für die Umzugsplanung erforderlich sind. Es wird transparent gemacht, welche Teilprozesse und welche Warengruppen/ -arten bzw. Marken es an welchen Standorten gibt. Für die Personalplanung sollte pro Teilprozess der Personalaufwand in Anzahl Mitarbeiter für die Zeit ab Go-live erhoben werden, da im Zusammenhang mit dem Umzug die genauen Onboarding-Zeitpunkte festzulegen sind. Für die Warengruppen/ -arten sollte ein (grobes) Mengengerüst mit den wichtigsten Planungsparametern wie Bestand, Durchsatz, Artikelstruktur etc. aufgenommen werden. Eine Übersicht aller Verträge mit den Vertragslaufzeiten und Kündigungszeitpunkten ist genauso erforderlich wie die frühzeitige Feststellung, ob und welche Rückbauerfordernisse es an den bestehenden Standorten gibt.
Umzugsorganisation – Verantwortliche einbinden
Es wird ein Umzugsprojektorganigramm entworfen und mit den am Umzug beteiligten Schlüsselmitarbeitern gefüllt. Der zukünftige Standortleiter sollte möglichst früh in dem Umzugsprojekt mitarbeiten. Idealerweise wird der logistische Umzug als eigenes Teilprojekt neben Bau, IT, Intralogistik und Anlauf mit entsprechenden Verantwortlichkeiten in die Projektorganisation aufgenommen. Auch eine Meetingstruktur mit Festlegung und Anstoß von Regelkommunikation und Jour Fixen ist erforderlich, da neben der reinen Umzugsplanung große Kommunikations- und Informationsbedarfe bestehen und ein Termin- und Aufgabencontrolling der Arbeitspakete erforderlich ist. Die regelmäßige und frühzeitige Einbindung von Logistik, IT, Einkauf u.a. Abteilungen ist wichtig.

Umzugsstrategie – Kernelement der Umzugsplanung
Die Umzugsstrategie kann iterativ erarbeitet werden. Hierbei geht es darum, dass alle Teilprozesse, Warenumfänge und Standorte hinsichtlich ihres Umzugszeitpunktes bewertet werden. Es ist zu entscheiden, ob ein Umzug ad hoc, d.h. in einem Schritt oder sukzessive erfolgt. Ad-hoc-Umzüge sind oftmals wirtschaftlicher und schneller zu realisieren, aber meist auch mit höheren Risiken verbunden. Bei den sukzessiven Umzügen hat man beispielsweise vorübergehend eine doppelte Bestandsführung – z.B. werden am Alt-Standort die Bestände herunter- und am Neu-Standort hochgefahren.

Jeder Teilprozess und Mengenumfang wird insbesondere hinsichtlich der Komplexität und Risiken bewertet. Zusammen mit anderen Parametern (Personal, Verträge etc.) wird die Reihenfolge der umzuziehenden Umfänge festgelegt. Es können bestimmte Umfänge ad hoc und andere Umfänge sukzessive umgezogen werden, sodass sich ein strategisches Gesamtbild ergibt, in dem sowohl Risikominimierung auf der einen Seite als auch Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite abgewogen sind.
Umzugszeitplanung – ein wichtiges Managementinstrument
Die in der Umzugsstrategie festgelegte Reihenfolge der umzuziehenden Teilprozesse bzw. Standorte wird anschließend in die Umzugszeitplanung überführt. Hierbei ist zu überlegen, ob es noch zu weiteren Clusterungen kommen sollte. So können bestimmte Teilprozess-Cluster ausgeprägt werden bezüglich Lieferanten, die schrittweise umgestellt werden oder Kunden bzw. Filialen, die schrittweise an den neuen Auslieferstandort angeschlossen werden. Grundsätzlich sollte ein Teilprozess in einer auslieferfreien Zeit, zum Beispiel am Wochenende, umgezogen werden. Idealerweise wird dann am Freitag die Auslieferung vom Alt-Standort an die Kunden bzw. Filialen eingestellt, bevor am neuen Standort über das Wochenende alle Systeme und Bereiche so eingerichtet werden, dass am folgenden Montag die Auslieferung vom neuen Standort beginnen kann. Der nächste Teilumzug sollte zeitversetzt, beispielsweise zwei Wochen später, erfolgen, damit der bisher umgezogene Umfang im Tagesgeschäft stabilisiert werden kann.
In der späteren Detailplanung beinhaltet die Umzugszeitplanung das genaue Umsetzungsdatum. Eine erste Ausplanung aller vorbereitenden und durchzuführenden Tätigkeiten inklusive Meilensteintracking wird angestoßen und in der Umzugsvorbereitung laufend verfeinert. Auch werden aus der Umzugszeitplanung standardisierte Checklisten für den Umzug der logistischen Systeme abgeleitet und später in der Umzugsvorbereitung eingesetzt.
Personalplanung – die richtigen Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt an Bord nehmen
Im Zuge der Personalplanung erfolgt sowohl eine grobe Planung für die Umzugsdurchführung als auch für den Anlauf. Hierbei findet eine regelmäßige Abstimmung mit der Standortleitung bzw. HR statt. In die Umzugszeitplanung sind auch die Zeitpunkte für den Start des Recruitings, für das Onboarding, für die Umsetzung der Schulungen sowie den Start des produktiven Arbeitens der Mitarbeiter aufzunehmen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ebenfalls, dass geklärt wird, wie viel Personal aus Alt-Standorten übernommen werden kann. Überdies ist zu berücksichtigen, dass am Alt-Standort noch für eine gewisse Zeit ggf. Personal zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft vorhanden sein muss.
Beschaffungsplanung – insbesondere Frachten sind zu organisieren
Mit der Beschaffungsplanung wird festgelegt, was alles an Material für den Umzug benötigt wird. Hierzu gehören Verpackungen, Ladehilfsmittel, Folierung etc. Der Transport kann durch externe Unternehmen durchgeführt werden oder mit eigenen Transportkapazitäten, falls vorhanden. Auch muss festgelegt werden, was an Mobiliar und sonstigem Equipment aus dem jeweiligen Alt-Standort mit umgezogen wird und was mit dem verbliebenen Equipment am Alt-Standort geschieht (Verkauf, Verschrottung, Rückbau etc.). Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass aufgrund eines möglichen Parallelbetriebs zusätzliche Frachten für Querverkehre und Zusatztransporte benötigt werden. Auch der Tourenplan vom Neu-Standort ist zu klären.
Frühzeitig Klarheit über Verträge haben
Es ist essenziell, dass frühzeitig ein Vertrags-Monitoring installiert wird. Alle relevanten Verträge, die es zu kündigen gilt, sollten zentral archiviert und detailliert hinsichtlich der Kündigungsbedingungen und -zeitpunkte geprüft werden. Eine zentrale Übersicht über alle Verträge und die Kündigungszeitpunkte ist für den Umzugsplan wichtig. Neben den Mietverträgen für die Gebäude geht es auch um alle anderen Verträge, wie Reinigungsservice, Kantinenbetrieb, Entsorgung etc.
Risikomanagement aufsetzen, regelmäßig berichten und bei Bedarf eskalieren
Das Risikomanagementsystem ist Bestandteil der logistischen Umzugsplanung und basierend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse werden ein Notkonzept sowie eine Eskalations- und Kommunikationsmatrix installiert.
(2) Detailplanung und Vorbereitung der logistischen Umzüge – gut vorbereitet sein!

Im Zuge der Detailplanung erfolgt die Detaillierung der Zeit-, Mengen- und Personalplanung. Überdies wird ein Umzugscontrolling implementiert. Hierbei findet ein Status-Controlling gemäß Umzugszeitplanung und mit Umzugschecklisten sowie bei Bedarf ein Eskalationsmanagement bei kritischen Meilensteinabweichungen statt. Im Zusammenhang mit der Materialbeschaffung/ operativen Einrichtung neuer Logistikbereiche werden Logistikflächen und Arbeitsplätze eingerichtet und gekennzeichnet sowie das notwendige Equipment beschafft und vorbereitet.
Die Personalbeschaffung und Einweisung der Mitarbeiter fokussiert auf das Recruiting und Onboarding des Personals in Abstimmung mit HR und der Standortleitung. Die Schulung/ Einweisung der (ggf. neuen) Mitarbeiter sollte u.a. aufgrund der Komplexität über ein separates Teilprojekt abgewickelt werden. Zur Vorbereitung der IT-Systeme gehört beispielsweise, dass die IT-Equipment-Verfügbarkeit sichergestellt wird und IT-Parameter eingestellt werden.
Die Detailplanung der Anlaufsteuerung stellt darauf ab, dass die Schnittstellen zu den Lieferanten und Kunden bzw. Filialen abschließend geklärt sind und das Notkonzept inklusive Eskalations- und Kommunikations-Matrix vorliegt.
(3) Durchführung physischer Umzug – Umzüge reibungslos sicherstellen!

Beim Management des physischen Umzugs findet die permanente Steuerung und Überwachung des Verladens, Transports, Ausladens und Aufbaus vor Ort statt. Es sollte die Protokollierung der Übernahme von Teilenummern und Equipment erfolgen bzw. eine Inventur bei Bedarf durchgeführt werden. Hier ist es wichtig, dass am neuen Standort mit „sauberen“ Beständen gestartet wird. Zusätzliche Mitarbeiter werden für Trouble Shooting-Aktivitäten und zur Unterstützung bereitgestellt.
Der informatorische Umzug wird durch IT-Experten bzw. ein Hypercare-Team begleitet. Im Rahmen der Umsetzung Anlaufsteuerung erfolgt das Monitoring der Lieferanten- und Kunden- bzw. Filialumstellung, Betreuung vor Ort bei Bedarf sowie ein Hotline-Support.
Fazit
Miebach Consulting sieht in der Konzeption und Umsetzung eines Managements von logistischen Umzügen große Nutzenpotenziale für das Supply Chain Engineering in der Großprojektumsetzung. Denn mit dieser zielführenden Managementergänzung werden sowohl administrative als managementbezogene Lücken im Bereich Umzug geschlossen. Sichern Sie sich deshalb Ihren Umsetzungserfolg bei logistischen Umzügen!
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For some time now, the "Project Management Office" (PMO) has established itself in Supply Chain Engineering alongside the classic project management approaches.
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